Strafrecht Baden-Baden
Edgar Gärtner Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht
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Berufsverbot als GmbH-Geschäftsführer und Vorstand einer AG

Das Strafgericht kann nach § 70 StGB im Urteil ein Berufsverbot anordnen, wenn der Angeklagte eine rechtswidrige Tat unter Missbrauch seines Berufes oder seines Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit dem Beruf verbundenen Pflichten begangen hat. Diese Vorschrift soll –so der Wille des Gesetzgebers – die Allgemeinheit vor der Gefahr der Begehung von Straftaten durch den Täter im Rahmen seiner Berufs- oder Gewerbeausübung schützen. Das im Urteil angeordnete Berufsverbot hat deshalb mit der Strafe im eigentlichen Sinne überhaupt nichts zu tun. Dieses Berufsverbot ist eine reine Sicherungsmaßnahme.

Daneben gibt es Berufsverbote, die kraft Gesetzes eintreten. Eine zusätzliche Anordnung durch das Strafgericht im Urteil ist nicht erforderlich. In der Praxis der Strafverteidiger sind dabei das Berufsverbot als Geschäftsführer einer GmbH (§ 6 GmbHG) sowie das Berufsverbot als Vorstand einer Aktiengesellschaft (§ 76 AG) am Häufigsten.

Kraft Gesetzes kann Geschäftsführer oder Vorstand nicht sein, wer wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten

- des Unterlassen der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenz- verfahrens (Insolvenzverschleppung),

- nach den §§ 283 bis 283 b StGB (Insolvenzstraftaten),

- der falschen Angabe nach § 399 AG oder § 82 GmbHG,

- der unrichtigen Darstellung nach § 400 AG, § 331 HGB, § 313 UmwG oder § 17 PubG

oder

- nach den §§ 263 bis 264 a StGB oder §§ 265 b bis 266 a StGB zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr

verurteilt worden ist.

Das gesetzliche Berufsverbot gilt für die Dauer von 5 Jahren ab Rechtskraft des Urteils.

Dieses gesetzliche Berufsverbot als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Vorstand einer AG ist durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) erheblich ausgeweitet worden. Diese neue und schärfere Rechtslage hat seit dem 01.11.2008 Gültigkeit.

Das gesetzliche Berufsverbot als Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstand einer AG gilt seit 01.11.2008 nämlich nicht nur für die Insolvenzdelikte im engeren Sinne (§§ 283 bis 283 d StGB), sondern auch nach jeder rechtskräftigen Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung. Dies war bis zum 01.11.2008 nicht der Fall.

Ebenso ist das gesetzliche Berufsverbot als Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstand einer AG auch auf sonstige Delikte und Straftatbestände erweitert worden, die üblicher Weise im Zusammenhang mit einer Insolvenzverschleppung einhergehen. Solche typischen Delikte im Zusammenhang mit einer Insolvenzverschleppung sollen nach dem Gesetzgeber die §§ 263 bis 264 a StGB sowie §§ 265 b bis 266 a StGB sein. Typische Insolvenzstraftaten sollen deshalb sein:

- Betrug nach § 263 StGB: Im Zusammenhang mit Insolvenzstraftaten finden sich häufig Ermittlungen im Rahmen von Rundschreiben an sämtliche Kreditoren (Gläubiger, Lieferanten, Vertragspartner) des Gemeinschuldners. Dem Geschäftsführer der GmbH bzw. Vorstand der AG wird häufig vorgeworfen, trotz fehlender Liquidität Bestellungen veranlasst zu haben, obwohl der Geschäftsführer bzw. Vorstand damit rechnen musste, im Fälligkeitszeitpunkt die Rechnung nicht mehr bezahlen zu können.

- § 263 a Computerbetrug: Danach ist strafbar, wer durch unlautere Einwirkung auf den EDV-Ablauf eines Computers z.B. Bestellungen veranlasst und dadurch bei einem anderen einen Schaden herbeiführt. Im Zusammenhang mit den Insolvenzstraftaten und dem damit verbundenen Berufsverbot als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Vorstand einer AG scheint die Einbeziehung des Computerbetruges eher ein gesetzgeberisches Versehen zu sein.

- § 264 StGB Subventionsbetrug: Wegen Subventionsbetrug wird bestraft, wer bei einer Behörde oder sonstigen Stelle (Subventionsgeber) unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Vorteile, etwa in Form einer Subvention oder Subventionsberechtigung erlangt. Im Zusammenhang mit Insolvenzstraf- taten kann dies dann eine Rolle spielen, wenn das Unternehmen eine solche Subvention beantragt, um eine Liquiditätskrise oder gar Insolvenz- gründe (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) zu beseitigen.

- § 264 a StGB Kapitalanlagebetrug: Strafbar ist wegen Kapitalanlagebetruges, wer in Prospekten oder in Darstellungen oder in Übersichten über den Vermögensstand gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Absichten verschweigt und in diesem Zusammenhang Wertpapiere oder Bezugrechte vertreibt oder Anteile an einem Unternehmen gewährt. Auch dieses Delikt findet sich gelegentlich im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Insolvenzstraftaten, wenn bspw. Gesellschaftsanteile oder Aktienanteile zur Beschaffung von Liquidität veräußert werden sollen.

- § 265 b StGB Kreditbetrug: Wegen Kreditbetruges macht sich strafbar, wer einem Betrieb oder Unternehmen einen Kredit beschaffen will und gegenüber dem Kreditgeber unrichtige oder unvollständige Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse macht, insbesondere unrichtige oder unvollständige Unterlagen, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen oder sonstige unrichtige Vermögens- übersichten vorlegt. Ebenso macht sich ein Geschäftsführer oder Vorstand strafbar, der eine solche Verschlechterung in den wirtschaftlichen Verhältnissen bei der Vorlage an den Kreditgeber nicht mitteilt.

- § 266 StGB Untreue Wegen Untreue macht sich strafbar, wer eine ihm eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder für andere Verträge abzuschließen, missbraucht und dadurch demjenigen, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, einen Nachteil zufügt. Ermittlungen wegen Verdachts der Untreue gibt es im Zusammenhang mit Insolvenzstraftaten häufig. Es ist oft zu beobachten, dass der Geschäftsführer oder Vorstand versucht, in der Krise (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung)werthaltige Vermögensteile, Bankguthaben etc. „zu sichern“, um sie dem Zugriff potentieller Gläubiger oder einem späteren Insolvenzverwalter zu entziehen. Häufig versucht der Geschäftsführer oder Vorstand aber auch im Rahmen eines Sanierungs- konzepts lukrative Betriebsteile zu retten, um nach der Insolvenz weiter- arbeiten zu können. Dieses an sich verständliche Bestreben des Geschäfts- führers und Vorstandes wird im Insolvenzstrafrecht besonders kritisch beäugt. Die Untreue nach § 266 StGB gerät hier häufig in Konflikt mit dem Bankrott nach § 283 StGB.

- § 266 a StGB Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt:

Die Beitragsvorenthaltung ist ein häufig beobachtetes Delikt im Zusammenhang mit Insolvenzstraftaten. Der Geschäftsführer oder Vorstand versucht häufig Liquidität dadurch zu beschaffen, indem er Beiträge seiner Mitarbeiter an die Krankenkassen nicht oder nicht rechtzeitig abführt. Während früher allein das Nichtabführen der Arbeitnehmeranteile strafbar war, ist zwischenzeitlich – unter bestimmten Voraussetzungen – auch das Nichtabführen der Arbeitgeberbeiträge unter Strafe gestellt.

Das gesetzliche Berufsverbot als Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstand einer AG nach den §§ 263 bis 264 a StGB oder §§ 265 b bis 266 a StGB gilt nur, wenn eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr verhängt wird.

Diese Freiheitsstrafe von einem Jahr erfordert in machen Fällen die Mitteilung an die Staatsanwaltschaften oder Strafgerichte, dass der Beschuldigte als GmbH-Geschäftsführer oder Vorstand einer AG weiterhin tätig ist. In vielen Fällen kann dann „gestalterisch“ ein solches Ergebnis erzielt werden, dass die Verurteilung zu den vorgenannten Delikten bei knapp unter einem Jahr bleibt. Der Geschäftsführer bzw. Vorstand ist dann zwar verurteilt, das gesetzliche Berufsverbot kann jedoch verhindert werden.